

Am letzten Wochenende war meine geistige Leistungsfähigkeit wohl nicht gerade am Höhepunkt: Ein Ausflug ohne Ersatzpod wurde zur echten Herausforderung, ein Training ohne Traubenzucker auch. Ich hoffe, ich lerne zukünftig daraus.
Das Motorrad war gepackt, das Wetter war bombig, es konnte losgehen: ein Kletterwochenende in der Vulkaneifel stand bevor. Ich freute mich auf 2 schöne Tage in einer einsamen Gegend, endlich mal wieder Campingplatz-Gefühl und raus aus allen Alltagsverpflichtungen. Na ja, natürlich bis auf die, die der Diabetes mit sich bringt.
Wie es genau passieren konnte, weiß ich auch nicht, hatte ich doch in den vergangenen Tagen ohnehin massive Probleme mit der letzten Charge Omnipods gehabt. Entweder hielten sie nur 2 von 3 Tagen oder irgendetwas stimmte nicht mit den Kanülen. Dazu hatte ich auch schon interessante Gespräche mit Ypsomed geführt, einige der Pods wurden sogar kostenlos getauscht. Inzwischen bin ich sicher, daß etwas mit dieser Charge nicht stimmte, aber das ist ein anderes Thema.
Jedenfalls kam ich auf die glorreiche Idee, vor der Abfahrt in die Eifel noch schnell einen neuen Pod anzulegen. So weit, so gut – gleichzeitig fasste ich jedoch den Entschluss, keinen neuen mitzunehmen. Warum auch – der brandneue Pod müßte ja die paar Tage gut durchhalten. Damit nahm das Unheil seinen Lauf. Denn jeder vernünftige Omnipod-Träger nimmt natürlich für den Notfall noch Daily Dose-Spritzen mit. Ich nicht. Warum nicht? Keine Ahnung.
Daily Dose zur Sicherheit? Ach wofür denn?
Die Motorradtour war wunderschön, ich kam am Campingplatz an, nahm den Helm ab – und spürte, daß sich irgendetwas merkwürdig anfühlte. Bei näherem Hinsehen war mir klar, was los war – der Pod hatte sich erneut gelöst. Dabei war ich nicht hängengeblieben, hatte nicht übermäßig geschwitzt und auch sonst war nichts besonderes vorgefallen.
Nun stand ich also da und wusste, daß ich bald eine Apotheke benötigen würde. Gleichzeitig wollten die anderen natürlich gerne los und schon mal eine Runde klettern. Kennt Ihr dieses Gefühl, wenn man gerne im Boden versinken würde, weil man einfach zu dämlich war, ein wenig aufzupassen?
Die anderen gingen also klettern, ich schnappte mir derweil ein Auto und fuhr die 20 Kilometer zur einzigen Notdienst-Apotheke weit und breit (inzwischen war es nach 18 Uhr). Die Dame dort war sehr bemüht und freundlich, konnte mir jedoch leider keine einzelnen Ampullen und einen Einmalpen anbieten, sondern nur Fünferpacks. Der Spaß hätte mich an die 600 Euro gekostet (wenn auch mit späterer Verrechnung mit der Krankenkasse), außerdem wußte ich, daß die Verabreichung von Tresiba nur begrenzt sinnvoll gewesen wäre, da ich danach direkt wieder auf die Pumpe umsteigen würde. Wir spielten mehrere Varianten durch und ich entschied mich schließlich für den Kauf einer Packung BD Micro Fine U100-Einmalspritzen. Die Investition von 3 Euro erschien mir sinnvoll und Insulin hatte ich ja im Pod. Leider hatte die Apothekerin jedoch nur Spritzen mit einer Nadellänge von sage und schreibe 12,7 mm und einer Stärke von 0,3 mm vorrätig. Die Dinger waren also 0,1 mm dicker und 8,7 mm länger als meine gewohnten Pen-Nadeln. Das sind Welten! Außerdem mußte ich natürlich darauf achten, immer ausreichend wirksames Insulin im Körper zu haben, da ich ja auf ein Basalinsulin verzichtete.
Mir, der Piksen durch Omnipod und Libre nicht mehr gewohnt war, diese Monsternadeln in den Körper zu rammen, erforderte schon einiges an Überwindung (natürlich habe ich sie nicht komplett versenkt, aber trotzdem…). Und eine exakte Dosierung war mit den Spritzen quasi nicht möglich, denn die Meßstriche liegen sehr dicht beieinander. Überhaupt frage ich mich, warum man überhaupt eine Spritze verkauft, die als Einmalspritze deklariert ist, in die aber bis zu 100 I.E. passen. Wo liegt da der Sinn? Vielleicht kann mir das noch einer erklären?
Die nächste Herausforderung ließ nicht lange auf sich warten
Die Sache ging glimpflich aus, das Wochenende war trotzdem toll und meine Werte waren besser als gedacht. Und ich werde nie wieder irgendwo anders übernachten, ohne nicht mindestens einen Ersatzpod und ein paar Daily Dose-Spritzen dabei zu haben.
Am Tag nach der Rückkehr stand das wöchentliche Tanztraining an. Wir fuhren mit dem Fahrrad, denn das Wetter war immer noch schön. Meine Frau hatte eine Tasche mit allen nötigen Utensilien, in die ich auch noch schnell meinen Kram packte. Da die Zeit knapp war, musste es ein wenig schneller gehen. Während des Trainings fiel es mir dann plötzlich ein: ich hatte gar keinen Traubenzucker dabei! Bei mir ist es dann immer so, daß alleine diese Erkenntnis ein Hypogefühl bewirkt. Ein schneller Scan ergab einen Wert von 87 mg/dl, was dazu führte, daß ich das Training unterbrach und die anderen Tänzer nach etwas Süßem fragte. Tatsächlich hatte jemand Traubenzucker dabei und das Training war samt Heimfahrt gerettet.
Zweimal innerhalb weniger Tage habe ich meine Sorgfaltspflicht als Diabetiker massiv verletzt. Ich komme mir noch heute recht dämlich vor und bin froh, daß alles glimpflich ausgegangen ist und daß wir in Deutschland leben, wo eine gute Versorgung gewährleistet ist.
Ich habe mir vorgenommen, auf jeden Fall über diese beiden Erlebnisse zu schreiben. Als Beichte für meine Dämlichkeit und als Warnung an alle anderen Diabetiker. Macht Euch immer Gedanken über Eure Ausrüstung und nehmt lieber etwas zu viel mit als zu wenig. Das zahlt sich am Ende immer aus.
8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich hab letztes Wochenende zur Kieler Woche auch mein Insulin zu Hause vetgessen… ist mir bis dahin auch noch nie passiert…
Hi Larissa,
und was hast Du dann gemacht? Würde mich mal interessieren, wie Ihr damit umgeht und wo Ihr Euch Hilfe holt.
Viele Grüße Christian
Ja doch, kenne ich … aus noch nicht pod Zeiten, aber pumpe … wir wollten einen schönen Ausflug machen, Vormittags neue Pumpe gesetzt, dann Fast Food mit mega KH, und dann ging los. Ich merkte, dass mein BZ Anstieg und verfiel in leichte Panik. Ich hatte auch so gar nix dabei. Dörfliche Gegend in der Mittagszeit. Ich bin dann in eine Apotheke und habe gebeichtet … und das Glück war hold, ich traf auf eine Typ 1 Diabetikern, die mir entsprechendes ohne Zahlung zur Verfügung stellte. Im NebenRaum könnte ich alles notwendige machten. Und musste feststellen, dass der Teflonkatheder abgeknickt War und deshalb nur sehr wenig Insulin floss. Vielen Dank an dieser Stelle der Diäten, falls sie das liest.
Hallo Sabine,
das war wirklich Glück im Unglück – ich bin ganz überrascht, wie viele Rückmeldungen auf den Artikel kommen, in denen Menschen Hilfe direkt von anderen Betroffenen erhalten haben. Wenn das so bleibt, habe ich keine Angst vor der Zukunft. Vielleicht sollte man mal ein Diabetiker-Netzwerk a la Couchsurfing aufmachen, wo man sich deutschlandweit eintragen kann, wenn man Hilfe anbieten möchte.
Viele Grüße Christian
IsT eine gute Idee. Aber vielleicht sind die Omnivores schon mal ein Anfang ☺
Ups, vielen Dank an die Diafee! Soll es heißen.
Mich rief mal gegen 23 Uhr mein Apotheker an… Bei ihm stand ein/e Typ 1er, ohne Insulin, der/die normalerweise meine Insulinsorte nutzte: Ob ich eine Ampulle abgeben könne. Klar konnte ich! Toller Apotheker!
Hallo Anette,
klasse – daran sollten wir uns alle ein Beispiel nehmen.
Viele Grüße Christian